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JUNI-LV News

Abgabenfreie Teuerungsprämien für 2022 und 2023

 

Durch das vom Parlament bereits fix beschlossene Teuerungs-Entlastungspaket wird für die Kalenderjahre 2022 und 2023 die Möglichkeit für abgabenfreie Teuerungsprämien geschaffen: Zulagen und Bonuszahlungen, die der Arbeitgeber in den Kalenderjahren 2022 und 2023 aufgrund der Teuerung zusätzlich gewährt (Teuerungsprämie), sind bis zu € 3.000,00 jährlich pro Arbeitnehmer abgabenfrei (§ 124b Z. 408 EStG). Die Abgabenfreiheit bezieht sich auf alle Lohnabgaben (Lohnsteuer, Sozialversicherung, betriebliche Vorsorge, DB, DZ, Kommunalsteuer).

 

Allerdings sind die folgenden Einschränkungen zu beachten:

 

1.       Die Abgabenfreiheit gilt ohne weitere Voraussetzungen nur bis zu € 2.000,00 pro Jahr. Die Ausschöpfung der restlichen € 1.000,00 des abgabenfreien Höchstbetrages setzt voraus, dass die diesbezügliche Zahlung aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift (kollektive Regelung) gemäß § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 7 EStG erfolgt. Darunter fallen insbesondere ein Kollektivvertrag, eine vom KV ermächtigte Betriebsvereinbarung, die Gewährung für alle Arbeitnehmer oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen (die letztgenannte „Version“ der lohngestaltenden Vorschriften ist landläufig auch unter dem Begriff „steuerliches Gruppenmerkmal“ bekannt).

2.       Der abgabenfreie Maximalbetrag (€ 3.000,00 jährlich) gilt als gemeinsamer Höchstbetrag für Teuerungsprämien und Mitarbeitergewinnbeteiligungen gemäß § 3 Abs. 1 Z. 35 EStG.

3.       Es muss sich um zusätzliche Zahlungen handeln, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Es darf sich somit um keine Bezugsumwandlung handeln (abgabenschädlich wäre also z.B. die Gewährung anstelle eines Gehaltsteils oder einer bisher üblichen Jahresprämie). Eine gesetzlich vorgesehene Ausnahme gilt für Betriebe, die im Jahr 2022 bereits lohnsteuerfreie (aber SV-, BV, DB-, DZ-, KommSt-pflichtige) Gewinnbeteiligungen gewährt haben: In diesem Fall können die Gewinnbeteiligungen rückwirkend als Teuerungsprämien behandelt werden (§ 124b Z. 408 EStG).  

 

Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zwingend notwendig (aber natürlich zulässig), die Gewährung von Teuerungsprämien in eine beiderseitige schriftliche Vereinbarung zu kleiden. Jedenfalls empfehlenswert ist aber – insbesondere zur Absicherung für spätere Lohnabgabenprüfungen – eine schriftliche Dokumentation der Zahlungsgrundlage, etwa in Form eines Arbeitgeberschreibens (ein Unterfertigen durch die Arbeitnehmer ist nicht unbedingt nötig). Zusätzlich ist wichtig, in der Gehalts- und Lohnabrechnung deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass es sich bei der Prämie um eine Zahlung zwecks Teuerungsentlastung handelt (z.B. durch die Bezeichnung der Lohnart als „Teuerungsprämie“, „Teuerungsausgleich“ o.ä.).

 

 

Umwandlung einer Gewinnbeteiligung in eine Teuerungsprämie

 

Wie bereits oben erwähnt, besteht die Möglichkeit, dass eine im Kalenderjahr 2022 bereits ausbezahlte lohnsteuerfreie Gewinnbeteiligung rückwirkend als abgabenfreie Teuerungsprämie behandelt werden kann. Eine solche rückwirkende Umwidmung bringt im Regelfall den Vorteil mit sich, dass die Befreiung nicht bloß für die Lohnsteuer, sondern auch in allen anderen abgabenrechtlichen Bereichen gilt (SV, BV, DB, DZ, KommSt). Dennoch ist zu bedenken, dass die Umwandlung in einzelnen Fällen – abhängig von der jeweiligen Fallkonstellation – auch wirkungsneutral (z.B. bei Arbeitnehmern, deren Bezüge über der SV-Höchstbeitragsgrundlage liegen) oder gar nachteilig (z.B. geringere BV-Einzahlung durch den Arbeitgeber infolge der BV-Befreiung) sein kann.

 

 

Aus diesem Grund sollte u.E. zur rechtlichen Absicherung die rückwirkende Umwandlung unbedingt mittels schriftlicher Vereinbarung erfolgen (keine bloß einseitige „Umwandlungserklärung“ durch den Arbeitgeber).

 

Ergänzende Anmerkung

Mit der Splittung des abgabenfreien Höchstbetrags von € 3.000,00 (allgemein € 2.000,00 plus zusätzlich € 1.000,00 aufgrund lohngestaltender Vorschrift) hat der Gesetzgeber leider eine unnötige Bürokratiehürde für die Praxis aufgestellt. Außerdem ist die Regelung, dass der Höchstbetrag gemeinsam für zwei ganz unterschiedlich konstruierte Regelungen gilt (abgabenfreie Teuerungsprämie vs. nur lohnsteuerfreie Gewinnbeteiligung), fachlich inkonsistent und wird in der Praxis wohl noch einige Unklarheiten mit sich bringen.

 

Praxishinweis

 

Die Teuerungsprämie ist abgabenrechtlich in mehrfacher Hinsicht günstiger als die Gewinnbeteiligung. Für die Jahre 2022 und 2023 ist daher aus Sicht der Betriebe und der Mitarbeiter i.d.R. die Teuerungsprämie zu bevorzugen: 

 

Teuerungsprämie für 2022 und 2023

(§ 124b Z. 408 EStG)

Mitarbeitergewinnbeteiligung

(§ 3 Abs. 1 Z. 35 EStG)


abgabenfrei in allen Bereichen bis zu max. € 3.000,00 jährlich pro Arbeitnehmer (gemeinsam geltender Höchstbetrag mit der Gewinnbeteiligung)

steuerliches Gruppenmerkmal (oder andere kollektive Grundlage) ist bei Beträgen bis zu € 2.000,00 nicht erforderlich, sondern nur bei Ausschöpfung des restlichen Höchstbetrags (zusätzliche € 1.000,00)

keine unternehmensbezogene Begrenzung der Abgabenfreiheit

Begrenzung der Steuerbefreiung mit dem Vorjahres-EBIT

 

 

 

steuerfrei nur in der Lohnsteuer bis zu max. € 3.000,00 jährlich pro Arbeitnehmer (gemeinsam geltender Höchstbetrag mit der Teuerungsprämie)

 

 

steuerliches Gruppenmerkmal ist jedenfalls erforderlich

 


Rückwirkende Erhöhung des Familienbonus Plus

 

Die ursprünglich mit 1. Juli 2022 vorgesehene Anhebung des Familienbonus Plus

·         von € 125,00 auf € 166,68 (bei unter 18-jährigen Kindern),

·         von € 41,68 auf € 54,18 (für Kinder ab 18)

wird durch das gesetzliche Teuerungs-Entlastungspaket auf den 01.01.2022 vorgezogen. Somit gelten die aufgestockten Beträge für das ganze Jahr 2022 (also rückwirkend auch für das erste Halbjahr 2022).

 

Aufrollung bis 30.09.2022

 

Der Arbeitgeber hat die höheren FABO-Plus-Beträge im Wege der Aufrollung so bald wie möglich, jedoch spätestens bis 30. September 2022 durchzuführen, sofern die technischen und organisatorischen Möglichkeiten dazu vorliegen (§ 124b Z. 392 EStG).

 

Indexierung von FABO Plus und AVAB/AEAB widerspricht dem EU-Recht

Unabhängig vom gesetzlichen Teuerungs-Entlastungspaket ergibt sich als Folge einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) noch eine weitere Änderung für den Familienbonus Plus, die u.a. auch den Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag betrifft:

 

Die mit 01.01.2019 eingeführte Indexierung von Familienleistungen und Steuerbegünstigungen für in Österreich arbeitende EU-Bürger (mit österreichischem Haupt- oder Nebenwohnsitz), deren Kinder im Ausland leben, widerspricht dem Unionsrecht.

 

Laut dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes stellt die Indexierung (entsprechend den Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes) eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und einen Verstoß gegen die Verordnung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union dar (EuGH 16.06.2022, C-328/20). Betroffen sind neben der Familienbeihilfe, dem Kinderabsetzbetrag und dem Unterhaltsabsetzbetrag auch die für die Personalverrechnung relevanten Indexwerte des Familienbonus Plus und des Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrages.

Die österreichische Finanzverwaltung ist nun verpflichtet, die EuGH-Entscheidung unverzüglich umzusetzen. Das wird voraussichtlich zu folgenden Maßnahmen führen:

·         Das BMF wird das Formular E30 (FABO Plus bzw. Alleinverdiener-/Alleinerzieher-Absetzbetrag) anpassen müssen.

·         Die staatenspezifischen Indexbeträge sind aus der Personalverrechnung zu entfernen.

 

·         Ausländische EU-Bürger, die ein Formular E30 beim Arbeitgeber abgegeben haben, haben ab sofort Anspruch auf die einheitliche österreichische Höhe (ggf. per Rollung auch für die bisherigen Monate im Jahr 2022). Frühere Jahre sind u.E. hingegen über die Arbeitnehmerveranlagung zu „reparieren“.

 

Freiwilliges Duschen nach der Arbeit zählt nicht zur Arbeitszeit

 

Besonders in der heißen Jahreszeit ist eine Dusche nach einem anstrengenden Arbeitstag wohltuend. Normalerweise ist Duschen reine „Privatsache“ und damit Freizeit. Erfolgt das Duschen aber am Arbeitsplatz, kann sich im Einzelfall durchaus die Frage stellen, ob die Duschzeit eventuell doch noch als Teil der Arbeitszeit zählt.

 

Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH 30.03.2022, 8 ObA 14/22z) wertet das Duschen nach der Arbeit nur dann als Arbeitszeit, wenn das Duschen von betrieblicher Seite angeordnet oder aus hygienischen Gründen erforderlich ist.

 

 

Diese Entscheidung ist inhaltlich nachvollziehbar, der zugrunde liegende Sachverhalt lädt aber durchaus auch zum Schmunzeln ein: Im konkreten Fall musste die als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin tätige Arbeitnehmerin Anstaltskleidung tragen, die sie nicht nach Hause mitnehmen durfte. Nach ihrem Dienst duschte sie sich in der Regel in der Krankenanstalt, bevor sie die Privatkleidung anlegte und den Arbeitsort verließ. Dieses Duschen (jeweils rund 15 Minuten) war vom Arbeitgeber weder angeordnet worden noch aus hygienischen Gründen erforderlich. Es erfolgte nur aufgrund der persönlichen Hygienestandards der Arbeitnehmerin. Daher waren zwar die Umkleidezeiten (samt damit verbundener Wegezeiten) als Arbeitszeiten entlohnungspflichtig, nicht aber die Duschzeiten. Laut OGH war es nämlich die freie Entscheidung der Arbeitnehmerin, sich nicht sogleich anzuziehen und nach Hause zu gehen, sondern noch zu duschen. Die Arbeitnehmerin erhielt daher für die jeweils 15-minütigen Duschvorgänge zu Recht kein Entgelt und blitzte daher mit ihrer diesbezüglichen Forderung ab (OGH 30.03.2022, 8 ObA 14/22z).

 

All meinen Kunden wünsche ich einen erholsamen Urlaub, einen schönen Sommer und mal eine Verschnaufpause.

LG

Robert Müller

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